Archive für 5.2.2011

Ersatzdrogen (und andere leere Versprechen)

Was mich nochmal beschäftigt hat, ist mein Selbstversuch, den ich durchführte, um die Ergebnisse englischer Forscher zu überprüfen. Dabei ging es um die These, Musikhören würde im menschlichen Körper ähnliche Hormone freisetzen wie Sex. Mit der etwas älteren Annahme, dass auch der Genuss von Schokolade eine solche Wirkung nach sich zieht, hatte ich schlussgefolgert, beides zusammen könne ein Ersatz für echten Sex sein und einen aufwändigen Selbstversuch am Wochenende mit jeder Menge Musik und Schokolade durchgeführt. Das Ergebnis: Schwachfug, Kokolores, nichts ist daran an den Theorien!

Vielleicht fehlten die Vibrationen einer großvolumigen Bassbox, oder es lag an der Art der Musik, wer weiß? Jedenfalls ließ sich die These absolut nicht bestätigen. Keine Ahnung, was Professoren während ihrer Studien so rauchen, aber es muss schon etwas Härteres sein. Der Effekt, der sich beim Musikhören eingestellt hat, war von Sex ungefähr so weit entfernt wie ein „Jodeldiplom“ von einem Doktortitel. Allerdings müssen meine Ergebnisse auch noch verifiziert werden. Für die erforderlichen Gegenstudien werden Teilnehmerinnen gesucht und Meldungen ab sofort per eMail entgegen genommen. Wenn möglich, bitte mit Foto… ;-)

Das Einzige, das ich zweifelsfrei feststellen konnte, ist die Verbindung von Musik zu Erinnerungen. Bestimmte Songs waren unlösbar fest mit bestimmten Ereignissen verbunden. So führte mich meine Musiksammlung aus den 80ern zurück auf eine Zeitreise hin zu mehr oder weniger erinnerungswürdigen Ereignissen aus meinen Schritten ins Erwachsenwerden. In Clubs, die längst nicht mehr existieren, Restaurants mit kalter Küche und anderen Plätzen, die heute so nicht mehr aussehen. Jeder kennt das: man hört ein bestimmtes Lied und die dazu passende Begebenheit ist einem unmittelbar wieder gegenwärtig. Namen, Personen und Begebenheiten wurden durch die Lieder zurück ins Heute geholt. War stellenweise recht amüsant, manchmal etwas wehmütig, immer aber unterhaltsam. Doch in punkto Intensität reichen die Sinneswahrnehmungen der Ohren bei Weitem nicht an die der Nase heran! Hört man z.B. ein Lied, das an jemand Bestimmten erinnert, hat man sie/ihn recht klar vor Augen. Doch Gerüche können noch mehr: der richtige Duft zwingt uns dazu, uns direkt umzudrehen und nach dem Träger zu suchen - von dem wir eine sehr konkrete Vorstellung besitzen. Die Verzahnung des Geruchssinns mit bestimmten Regionen unseres Gehirns ist viel intensiver ausgeprägt und besitzt eine direktere Verbindung als die des Gehörs. Ein Lied, das uns an jemanden erinnert, bringt ein Bild mit sich. Ein Duft dagegen bringt uns die Gefühle zurück. Soweit meine These „Duft schlägt Geräusch“.

Ein Tipp dazu: wenn ein Lied (oder ein Duft) Euch an jemand Speziellen aus früheren Tagen erinnert hat - googelt sie/ihn nur, wenn er/sie nicht Eure einzige schöne Erinnerung ist! Der Zahn der Zeit kann so gnadenlos böse sein… ;-)

Abgesehen von der frustrierenden Forschungsarbeit ist da ja noch mein Langzeitprojekt „Fröhlich trotz ALS“, das mir stimmungsmäßig immer wie die Schlussszene aus „Das Leben des Brian“ mit dem Lied vorkommt: „Always
look on the bright side of life…“ ;-)

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